Rezension: Das Herz der verlorenen Dinge | Tad Williams

by Marcus Kufner
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Zurück ins Fantasyreich von Osten Ard!

Osten Ard steht erneut am Scheideweg. König Simons und Herzog Isgrimnurs Kriegern ist es gelungen, das Elbenvolk zurück in ihre Hochburg in den Bergen zu drängen. Der Krieg scheint vorbei, aber das Töten dauert an. Die Sterblichen begnügen sich nicht mit ihrem Sieg, sie trachten danach, das Volk der Nornen gänzlich auszulöschen. Da verbreitet sich die Kunde, dass die uralte Nornenkönigin Utuk’ku gar nicht tot ist, sondern nur in einem todesähnlichen Schlaf liegt, von dem sie zurückkehren wird … [© Text und Cover: Klett-Cotta Verlag]

Nach der epischen Romanfolge „Das Geheimnis der Großen Schwerter” kehren wir nun zurück in Tad Williams Fantasyreich Osten Ard. „Das Herz der verlorenen Dinge” ist quasi das Bindeglied zwischen den alten Büchern und der neuen Trilogie mit dem Titel „Der letzte König von Osten Ard”, deren erster Band im September erscheinen wird.

Vom Volk der Nornen hatte man in den bisherigen Büchern nicht allzu viel erfahren. Man kennt sie als die bösen, dunklen Elben, die die Menschheit auslöschen wollten. Mysteriös, mächtig und gnadenlos wirkten sie bei dem Versuch, die Vorherrschaft in Osten Ard zurückzuerlangen. Jetzt lernen wir mehr von ihnen kennen: ihre familiären und gesellschaftlichen Strukturen, ihre Motivation, ihr Leben und einige Persönlichkeiten. Da ändert sich das Bild, das ich von ihnen hatte. Sie sind nämlich keineswegs so seelenlose Geschöpfe, wie es bisher gewirkt hatte. Auch sie haben Verantwortung für ihre Familien, ihr Volk und ihre Heimat. Und dafür sind sie bereit zu kämpfen – wenn nötig bis zum Letzten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Reste der Krieger der Nornen, ein paar Hundert von ihnen, befinden sich auf dem Rückzug nach Norden. Sie werden verfolgt von einer Übermacht menschlicher Kämpfer, die die Feinde endgültig vernichten wollen. Unerbittlich scheinen die Fronten, nach dem vielen Töten ist an eine Versöhnung nicht zu denken. Eine fatale Situation, wie ich finde. Gibt es nicht schon genug zu betrauern auf beiden Seiten? Der Schmerz und der Drang nach Rache machen es wohl unmöglich, dass die Völker friedlich koexistieren können.

Im Gegensatz zu der Komplexität der bisherigen Osten Ard-Bücher gibt es bei „Das Herz der verlorenen Dinge” nur einen Handlungsstrang. Das tut der Spannung aber keinen Abbruch. Ich habe mich auch gleich wieder heimisch gefühlt. Dafür sorgt Tad Williams mit seinem tollen Schreibstil, aber natürlich auch der eine oder andere Protagonist, den ich aus den alten Teilen schon kenne. Für Neueinsteiger taugt das Buch durchaus auch. Aber es fällt mir sicherlich leichter, mich in die Story reinzufinden, da ich mich bereits auskenne in Osten Ard. Außerdem wäre es schade, „Das Geheimnis der Großen Schwerter” zu verpassen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Persönliches Fazit

Tad Williams zieht mich mit seiner großartigen Erzählweise wieder in seinen Bann. Die gute Ausarbeitung der Charaktere, die ungewöhnlichen Einfälle und die dramatische Action machen „Das Herz der verlorenen Dinge” zu mehr als nur einen Appetizer für die kommende Trilogie. Ich bin gerne wieder in diese Welt abgetaucht und freue mich sehr auf „Der letzte König von Osten Ard”.

© Rezension: 2017, Marcus Kufner

 

Das Herz der verlorenen Dinge
Tad Williams (Aus dem Amerikanischen von Cornelia Holfelder-von der Tann)
Fantasy
Klett-Cotta Verlag - ISBN: 9783608961447
2017
gebunden, 380 Seiten
4 comments

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4 comments

Thomas 9. April 2017 - 9:56

Ich war ja erst etwas skeptisch, ob ich nach knapp zwanzig Jahren noch einmal so einfach nach Osten Art zurückkehren kann, aber mit dem Buch hat es geklappt. Im Vergleich natürlich ein kurzer Ausflug, aber ich bin jetzt gespannt, wie Williams die neue Trilogie anlegt und ober dort auch die Nornen wieder so in den Vordergrund rückt wie in diesem Buch. Ich bin dann sehr auf die ersten Rezensionen zur neuen Trilogie gespannt, die Aufteilung des ersten Bandes in zwei Teile kann ich allerdings nicht so ganz nachvollziehen, da steht mir dann doch wieder zu eindeutig der Wunsch des Verlages nach Gewinnmaximierung im Vordergrund.
Danke für die Buchvorstellung und beste Grüße
Thomas

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Kani 9. April 2017 - 19:04

Interessant. Ich habe in den letzten 3 Tagen über 90 Blogs besucht und die Rezension zu diesem Buch nur auf zwei gefunden. Beide betrieben von Männern. Das legt ja fast die Frage nahe, ob das klassische Fantasy eine Männerdomäne ist. Ich kenne die Antwort jedoch und sie lautet nein. Ich habe diese Bücher vor gut 15 Jahren gelesen und ich habe sie geliebt. An diesen Teil habe ich mich aus zwei Gründen noch nicht herangetraut. Zum einen möchte ich vorher die Reihe um die Großen Schwerter noch einmal lesen. Einfach wieder in der Vergangenheit schnuppern. Mein zweiter Grund ist, dass ich nicht weiß, ob meine Lesevorlieben sich nicht verändert haben. Was, wenn ich ein einst lieb gewonnenes Buch plötzlich gar nicht mehr so toll finde?

Deine Rezension macht auf jeden Fall Lust auf mehr und ich denke nach Ostern werde ich mich ein weiteres mal von Ted Williams auf diese Reise mitnehmen lassen.

Alles Liebe
Kani

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Marcus vom Bücherkaffee 10. April 2017 - 19:00

Nach so langer Zeit würde ich wahrscheinlich nicht mehr viel von der ursprünglichen Geschichte zusammenbekommen. Als Neueinsteiger hatte ich das Glück, dass die Eindrücke noch frisch waren. Schön, dass es bei dir trotzdem funktioniert hat. Sicher wird die neue Trilogie wieder deutlich komplexer werden als dieser Teil. Mal sehen, wie tief es dann geht auf den ersten 800 Seiten.

Viele Grüße,
Marcus

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Marcus vom Bücherkaffee 11. April 2017 - 6:55

Liebe Kani,
das kann ich mir kaum vorstellen, dass die Bücher ihren Reiz verlieren. Tad Williams' Erzählstil ist doch ziemlich zeitlos. Das Risiko kannst du sicher eingehen. Viel Spaß dann auf deiner Reise zurück nach Osten Ard!
Viele Grüße,
Marcus

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